Die RAW-Datei und warum gutes Ausgangsmaterial auch über das fertige Bild entscheidet
9. May 2016
Zum Start für meinen Blog schreibe ich heute etwas zur RAW-Datei.
Die RAW-Datei ist, wie der Name schon beinhaltet, “roh”. Also unfertig. Im Prinzip ist es genauso wie zu analogen Zeiten, als noch mit Film in der Kamera fotografiert wurde und die Bilder hinterher in der Dunkelkammer entwickelt wurden. Auch die RAW-Datei ist noch unfertig und muss sozusagen noch “entwickelt” werden. Dabei ersetzt die Bearbeitungssoftware heutzutage die Dunkelkammer von einst. Bearbeitungstools wie Camera-Raw, Photoshop, Lightroom etc. sind hierbei die Entwicklungshilfen vom unfertigen zum fertigen Bild. Die Möglichkeiten die man hier hat, sind nahezu grenzenlos und ermöglichem dem Fotografen, jedem Bild einen besonderen Ausdruck zu verleihen und seinen ganz eigenen Stil zu entwickeln.
Nun meinen natürlich einige das es ja dann gar nicht mehr so wichtig sei, wie das Ausgangsbild aussieht, schließlich kann man ja quasi alles in Photoshop wieder “reparieren”. Dem ist leider nicht ganz so, und warum das so ist, darauf möchte ich jetzt eingehen.
Photoshop (und auch jegliche andere Bildbearbeitungssoftware) ersetzt nicht die Kreativität, das Auge und das Können des Fotografen.
Am Anfang eines Bildes steht immer eine Idee. Eine Idee, die visualisiert und umgesetzt werden möchte. Bevor ich shoote habe ich meistens schon ein Bild im Kopf, wie das Ergebnis am Ende aussehen soll was ich gerne umsetzen möchte, welche Stimmung das Bild transportieren soll, ob es vielleicht sogar eine kleine Geschichte erzählen soll, ich mache mir Gedanken zur Location, meistens auch zum Outfit und zum Styling und ob ich eventuell noch Requisiten benötige. Das Wetter spielt mitunter auch eine Rolle und so gibt es ja vorab schon einiges zu bedenken und das kann kein Bildbearbeitungsprogramm für euch tun.
Wenn dann alle Vorbereitungen getroffen sind und ihr an der Location angekommen seid um eure Bildidee zu verwirklichen, gibt es auch jetzt wieder einiges zu beachten, was für eure RAW-Datei und damit auch für die späteren Möglichkeiten in der Bildbearbeitung wichtig ist. An erster Stelle steht natürlich die Schärfe. Grade wenn man sehr offenblendig arbeitet, ist es besonders wichtig darauf zu achten, dass auch wirklich das scharf ist, was scharf sein soll. Nicht, dass ausgerechnet im richtigen Moment der Fokus verrutscht und vielleicht ein sehr schönes Bild am Ende nicht zu gebrauchen ist, weil es unscharf ist. Denn das kann Photoshop nun mal nicht “reparieren”. Arbeitet hier also sehr gewissenhaft und kontrolliert zwischendurch immer wieder auf dem Display eurer Kamera, ob die Schärfe sitzt oder nicht.
Neben der Schärfe/Unschärfe ist natürlich auch die Belichtung wichtig. Hier solltet ihr darauf achten, dass das Bild korrekt belichtet ist. Als kleine Hilfestellung gilt, lieber etwas dunkler belichten, als zu hell, denn ausgefressene Lichter lassen sich später auch nur schwer korrigieren, wohingegen man bei einem etwas dunkleren Ausgangsbild durchaus noch Potenzial hat. Wenn ihr euch nicht sicher seid, ob euer Bild richtig belichtet ist, könnt ihr das Histogramm zur Kontrolle nutzen. Dazu werde ich in einem extra Beitrag nochmal etwas schreiben, ansonsten gibt es auch im Internet mehr als genug Tipps und Tricks zur Nutzung des Histogramms.
Wenn Schärfe und Belichtung stimmen, ist die halbe Miete schon mal drin. Jetzt gilt es, auf die Feinheiten zu achten. Das Posing des Models in Verbindung mit der Location sollen ja am Ende eure gewünschte Bildidee bzw. Stimmung festhalten. Hier solltet ihr also darauf achten, dass die Posen des Models zum Konzept passen, dass die Kleidung richtig sitzt, dass nichts verrutscht ist, dass die Frisur sitzt und nicht eventuell eine Haarsträhne oder einzelne Haare unbeabsichtigt stören und das keine anderen störenden Elemente im Bild sind (je nach Location eventuell vorbeifahrende Autos, Fußgänger, Tiere, Pflanzen oder Pflanzenteile, die nicht ins Konzept passen oder sogar rumliegender Abfall). Man kann zwar kleinere störende Elemente hinterher auch in Photoshop entfernen, aber das erhöht natürlich auch den Arbeitsaufwand und den wollen wir ja schließlich so gering wie möglich halten und dafür ist eine gute Ausgangsdatei, ein gutes RAW, nun mal die Voraussetzung.
Achtet vor allem auch darauf, dass ihr nicht versehentlich Körperteile “abschneidet”, es sei denn, ihr wollt es genauso für das Konzept des Bildes. Ansonsten sehen halb abgeschnittene Arme oder Hände, Beine oder Füße mitunter sehr merkwürdig aus und zerstören dann letztlich die Stimmung des Bildes und das wäre schade. Bei der Bildkomposition gibt es auch einige Dinge zu beachten. Wo im Bild platziere ich mein Model, wo gegebenenfalls Requisiten, von wo kommt das Licht und so weiter… Wenn ihr an sonnigen Tagen draußen shootet, achtet bitte auch sehr genau auf Licht und Schattenfall. Harte Schatten im Gesicht des Models solltet ihr vermeiden, das sieht meistens sehr unschön aus (es gibt hier Außnahmen, aber im Regelfall sind harte Schatten eher störend). Entweder ihr stellt das Model mit dem Rücken zur Sonne und arbeitet eventuell zum Aufhellen von vorne mit einem Reflektor, oder aber ihr nutzt einen weißen lichtdurchlässigen Diffusor, damit kann man das harte helle Licht der Sonne gut abschwächen. Man kann das Model natürlich auch in die Sonne schauen lassen, da ich selber das aber persönlich als sehr unangenehm empfinde, lasse ich das meistens sein und tue das meinen Models auch nicht an. Natürlich kann auch direkte Sonne stilistisch genutzt werden, aber das hängt eben auch immer vom Konzept und vom Bildstil ab. Ich persönlich bevorzuge Sonne wenn dann überhaupt nur in den Morgen- und Abendstunden.
Wie ihr jetzt gesehen habt, gibt es also einiges zu beachten um ein gutes Ausgangsbild, also eine gute RAW-Datei, zu bekommen. All diese Dinge (und noch einiges mehr) sollten beachtet werden, wenn man sich später in der Bildbearbeitung Zeit sparen möchte um nicht unnötige Korrekturen vornehmen zu müssen. Manche Dinge lassen sich auch mit Photoshop und Co. nicht “reparieren”, so dass hier schon im Vorfeld sorgfältig gearbeitet werden sollte, damit man dann am Ende das bestmögliche Ergebnis erhält. Die Bildbearbeitung sollte nur dazu dienen, das “rohe” Bild zu entwickeln, zu verfeinern, bestimmte Dinge vielleicht hervorzuheben oder zu betonen und dem Bild so am Ende den Feinschliff zu verleihen wie bei einem Rohdiamanten.
Wie das dann jeder macht, das bleibt ja euch überlassen und da sind der Kreativität dank der digitalen Bildbearbeitungstechnik ja kaum noch Grenzen gesetzt und so lassen sich dann auch ganz individuelle Bilder und Werke erschaffen.
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